ABSEITS DER PARTYS

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KINKY-SOZIALISIERUNGS-VERSUCHE

Wo trifft man eigentlich kinky Gleichgesinnte? Das fragt sich unsere Autorin etwa seit ihrem 25. Lebensjahr. Internet, Partys, Messen – sie hat alles ausprobiert. Ihre kinky Sozialisation sah chronologisch betrachtet wie folgt aus:

IM INTERNET | Gerade, als ich meine eigene Kinkyness noch erforschte und Scham im Spiel war, eignete sich das Internet perfekt, um sich in Foren zu informieren und mit Menschen im Schutze der Anonymität auszutauschen. Als ich irgendwann den Mut fasste, eine Person im echten Leben kennenzulernen, stieß ich als unerfahrene Hetero-Frau schnell auf Hürden: Unter hunderten Nachrichten auf Portalen wie JoyClub oder FetLife erstmal eine passende Person für ein Date zu finden, ist ein Vollzeitjob. Ich bräuchte Angestellte dafür. Ist dann doch mal jemand dabei, folgt die nächste Frage: Wann, wie, wo treffen? Denn dann kam bei mir oft Unsicherheit und Angst ins Spiel. Was, wenn der Typ gefährlich ist? Sich covern zu lasse ist natürlich eine gute Möglichkeit, bietet aber keine 100-prozentige Sicherheit.

AUF PARTYS | Meine erste kinky Club-Erfahrung war eine intellektuell angehauchte Fetisch-Party. Die Location kannte ich schon von anderen Veranstaltungen, das half. Was war ich aufgeregt vorher! Was soll ich anziehen? Wer wird dort sein? Wie verhält man sich? Ich konnte mich allerdings gut in der Anonymität und Dunkelheit des Clubs verstecken, mich in der Menschenmenge verlieren und erstmal nur beobachten. Allerdings werden Partys mit steigendem Alter anstrengender – fehlender Schlaf, laute Musik, Reizüberflutung. Mein Körper wünschte sich irgendwann mehr Ruhe. Und die Frage kam auf: Wohin jetzt?

AUF STAMMTISCHEN | Klingt irgendwie spießig, weshalb im internationalen Berlin die englische Bezeichnung „munch“ normal geworden ist. Hier kostete mich der erste Besuch Überwindung. Ist irgendwie wie der erste Tag an einer neuen Schule. Oder wie ein Networking-Event für die Arbeit. In der Stadt, in der ich damals lebte, musste ich leider feststellen, dass die Menschen auf den Stammtischen nicht auf meiner Wellenlänge waren. In Berlin war das anders und ich habe ein paar nette Kontakte geschlossen. Nur auf Dauer war das Kneipen-Setting auch nicht ganz meins, irgendwas fehlte mir und ich wusste nicht, was.

MESSEN | Ich war nur einmal auf einer Fetisch-Messe. Es war sehr interessant, die vielen verschiedenen Angebote an Spielzeugen zu sehen und mit den Menschen an den Ständen ins Gespräch zu kommen. Doch mir fehlte immer noch irgendetwas…


INZWISCHEN … weiß ich, welches Bedürfnis gestillt werden wollte: Mein Wissenshunger! Ich wollte mich weiterbilden zum Thema Kink. Deshalb bin ich inzwischen – fast 20 Jahre nach meinen ersten BDSM-Erfahrungen – großer Fan von Einrichtungen, von Instituten, von Versammlungsorten, Studios, wie auch immer man diese Orte nennen will: Es werden dort Workshops aller Art zu Themen rund um BDSM angeboten. Zum Beispiel „The Wheel of Consent“, „The Art of Spanking“ oder „Eros & Kink“ nur für Frauen. Darüber hinaus gibt es auch Playpartys, Orgien, Tempelnächte, Bondage Jams.

Das Schöne daran: Jede:r ist willkommen. In einem Workshop-Setting fühlen sich die Teilnehmenden gesehen, eingebunden und aufgehoben. Die Workshop-Leitenden sorgen dafür, dass Consent in jedem Fall geboten ist. Alle sind nüchtern und damit im besten Fall zurechnungsfähig. Nur hier ist meiner Erfahrung nach wahre schamfreie Erforschung seiner Vorlieben in einem sicheren Raum möglich. In Berlin sind solche Orte unter anderem das IKSK, Institut für Körperforschung und sexuelle Kultur: iksk-berlin.de oder das Karada House: karada-house.de oder das Studio Lux.

AUTHOR: OSCADORIA

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